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Die Deutschen, der Sex und die Scham

Sex ist heute überall. Nie zuvor wurde in Deutschland so viel und offen über Sex gesprochen. Es ist erstaunlich, wie schnell sich die Sexualmoral seit dem Zweiten Weltkrieg entwickelt hat. Trotzdem gibt es noch Grenzen.

Es dauert heutzutage keine 30 Sekunden und man ist mittendrin im reinen Sexohne ihn selber zu haben. Über Internetportale wiepornhubkann man sich kostenlos Sex-Filme ansehen: Männer und Frauen zum Beispiel, die Sex an öffentlichen Plätzen haben. Frauen, die Sex mit Frauen haben. Oder Männer und Frauen, die gleichzeitig mit mehreren Partnern sexuell verkehren. Die Filme haben vielleicht nicht die beste digitale Qualität, aber sie sind sehr genau. Wer will, findet nackte Haut auch in Magazinen, in anspruchsvollen Filmen und in Talkshows. Es gibt in Deutschland heute eigentlich kein Thema mehr rund um Sex und andere Zärtlichkeiten, das nicht öffentlich besprochen wird. Polygamie zum Beispiel, wenn jemand offen mehr als einen Partner liebt. Oder sogenannteBondage-Parties“, bei denen sich Menschen treffen, die erotische Fesselspiele mögen. Auch Intim-Piercings, also Körperschmuck an intimen Körperbereichen wie beispielsweise Brustwarzen, sind alltäglich geworden. Und dass es Männer gibt, die sich sexuell besonders von älteren Frauen angezogen fühlen, das wissen heute schon Zwölfjährige. Sie kennen auch die entsprechende Abkürzung dafür, die in Pornofilmen verwendet wird: „MILF“. Das steht fürMother I'd like to fuck“. Noch in den 1950er-Jahren war das komplett anders. Das WortSexhätte niemand laut ausgesprochenoder gar öffentlich darüber geschrieben. Klar, auch 1955 gab es Sex. Aber der fand im privaten Raum statt. Und selbst da war er irgendwie versteckt und hatte offensichtlich nichts mit Lust zu tun. Noch 1966 sprach das oberste deutsche Gericht, der Bundesgerichtshof, dieses Urteil:

Die Ehe fordert von der Frau die Gewährung des Beischlafs in Opferbereitschaft und verbietet es, Gleichgültigkeit oder Widerwillen zur Schau zu tragen.“

Das bedeutet, dass Frauen laut Gesetz mit ihren Ehemännern schlafen mussten, auch wenn sie nicht wollten. Sie mussten Opferbereitschaft zeigen und ihrem Ehemann den Beischlaf, ein veraltetes Wort für Sex, gewähren, ihn zulassen. Und sie durften es sich nicht anmerken lassen, durften es nicht zur Schau tragen, wenn sie beim ehelichen Sex nur widerwillig, also gegen ihren Willen, mitmachtenoder es ihnen sogar egal war. Würde heutzutage ein Ehemann gegen ihren Willen mit seiner Frau schlafen, würde das als Vergewaltigung gelten. Denn das Rollenverständnis beider Geschlechter hat sich seit dem Gerichtsurteil verändertebenso wie die Auffassung in der Gesellschaft, was in der Sexualität erlaubt ist, die Sexualmoral, sagt Judith Kruse vom Museum Haus der Geschichte in Bonn:

Sexualmoral ist der Umgang mit Sexualität auf der einen Seite, aber auch generell mit dem Körper, und das Miteinander der Geschlechter. Auch das Rollenverständnis zwischen Mann und Frau. Deshalb wird das auch bei uns in der Ausstellung thematisiert, weil das auch sehr stark reinspielt in Sexualität.“

Welche Auffassung Partner von ihrer Rolle in einer Beziehung haben, beeinflusst den Umgang mit Sexualität, spielt in sie hinein, wie Judith Kruse sagt. Sie hat an der SonderausstellungSchamlos? Sexualmoral im Wandelim Haus der Geschichte mitgearbeitet. Denn in den 1950er- und 1960er-Jahren waren die Rollen von Mann und Frau in Deutschland noch sehr klar verteilt: der Mann sagt, was zu tun ist, die Frau folgt und fügt sich. In der Ausstellung sind verschiedenen Videos zu sehen, die diese Haltung deutlich machen. Zum Beispiel ein Video aus dem deutschen Fernsehen der 1960er-Jahre, in dem ein Reporter eine Schule besucht, in der Frauen damals gelernt haben, einen Haushalt zu führen:

Sagen Sie, was halten Sie eigentlich von der Gleichberechtigung der deutschen Frau? Selbstverständlich, eine Gleichberechtigung. Aber trotzdem gehört die Frau in die Familie! “

Im Prinzip, so die Aussage der Frau, sollten Frauen zwar die gleichen gesetzlichen Rechte haben wie Männer, sollten gleichberechtigt sein. Aber ihr eigentliches Ziel sollte dennoch darin bestehen, zu heiraten, Kinder zu bekommen und den Haushalt zu führen. Die Frau gehörte in die Familie. In einem anderen Video berichtet eine Frau von ihren Erlebnissen als verheiratete Frau in den 1950er-Jahren:

Ich war also in einer totalen Abhängigkeit von meinem Mann, von der Familie. Und ich bekam also Haushaltungsgeld. Das wurde auch bestimmt von meinen Schwiegereltern, wie viel das war. Und ich hatte überhaupt kein eigenes Konto. Ich hatte wirklich kein eigenes Geld. Ich wollte gerne arbeiten, aber das wurde abgelehnt. Das durfte ich auf gar keinen Fall. Das war bei anderen Ehemännern in unserem Bekanntenkreis genauso.“

Viele Männer gaben ihren Ehefrauen damals wöchentlich oder monatlich Geld, das sogenannte Haushaltsgeld, von dem sie alles bezahlen sollten, was nötig war: den Einkauf von Lebensmitteln, Reparaturen, aber auch den Friseur oder Kleidung. Wenn Frauen keinen eigenen Job hatten, hatten sie eben auch kein eigenes Einkommen und kein eigenes Bankkonto, auf das sie ihren Verdienst einzahlen konnten. Sie waren darauf angewiesen, dass ihre Ehemänner für alles bezahlten, waren finanziell von ihnen abhängig. Bis zum 1. Juli 1958 durften Ehemänner in Deutschland noch entscheiden, ob ihre Frau arbeiten gehen durfte oder nicht. Seit diesem Jahrzehnt hat sich in Deutschland jedoch in den Bereichen Rollenverständnis und Sexualität viel verändert. Anteil daran haben zum Beispiel die Erfindung der Antibabypille, die Frauenbewegung und die sogenannte Aufklärung in Familie und Schule. So wurde Kindern ab den späten 1960er-Jahren immer offener erklärt, was beim Sex zwischen Mann und Frau passiert und wie man schwanger werden kann. Und im Jahr 2013 waren laut einer Studie des Meinungsforschungsinstituts Allensbach immerhin 64 Prozent der deutschen Männer der Meinung, dass die Gleichberechtigung der Frauen in Deutschland erreicht sei. 28 Prozent der Männer fanden, dass mit der Gleichberechtigung übertrieben werde. Allerdings sind, wie dieser 24-jährige Mann, nicht alle dieser Meinung:

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